Kita und Bauplätze auf dem Bockzahl

 

Viele Jahrzehnte wurde auf dem alten Sportplatz auf dem Bockzahl gekickt. Um Punkte, zum reinen Spaß in der Freizeit und vor allem in unzähligen Trainingsstunden. Damit ist jetzt Schluss. Das Gelände, das einem Privatbesitzer gehörte, ist verkauft – an die Stadt Schotten. Über die neue Nutzung müssen die Stadtverordneten entscheiden, am Dienstag kommender Woche in der Bauausschusssitzung und am 9. September in der Parlamentssitzung. Auf dem topfebenen Areal – es umfasst 16 000 Quadratmeter – soll eine neue Kindertagesstätte entstehen sowie mehrere Bauplätze entlang der angrenzenden Jahnstraße. So zumindest ist der Vorschlag von Bürgermeisterin Susanne Schaab (SPD) und der Verwaltung.

In der von der Bauabteilung erstellten Beschlussvorlage für die Gremien ist von einem „notwendigen neuen Kindergarten“ die Rede. Schon seit längerem besteht eine Warteliste, da die vorhandenen Plätze in den insgesamt fünf städtischen Einrichtungen in der Kernstadt, in Eschenrod, Rainrod und in Burkhards nicht ausreichen. Aktuell fehlen Plätze für rund 60 bis 70 Krippen-Kinder im U3-Bereich. Vor diesem Hintergrund hatte die Stadtverordnetenversammlung im Juli beschlossen, im Singsaal der Festhalle eine neue Krippengruppe für unter Dreijährige einzurichten. Außerdem soll im Bereich des Schützenhauses im Stadtwald eine Waldgruppe entstehen.

„Der Bockzahl beziehungsweise der alte Fußballplatz ist ein guter Standort für eine neue Kita“, findet die Rathauschefin. „Auch für die notwendigen Freiflächen wie einem Spielplatz.“ Die Stadt hat das Gelände in schöner Stadtrandlage bereits erworben. Der Kaufvertrag zwischen dem früheren Eigentümer und der Stadt wurde am 16. August notariell beurkundet.

Schon vor einigen Jahren gab es von einer privaten Gesellschaft Pläne für die Errichtung eines Hotels auf dem Sportgelände, die aber nicht umgesetzt wurden.

Der Eigentümer hatte der Stadt signalisiert, das Areal verkaufen zu wollen. Ausgelöst wurde die Verkaufsofferte wohl durch die Mitteilung des SV Blau-Weiß Schotten, ihr Trainingsgelände sowie Spiel- und Übungsstätte für die Nachwuchsteams nicht mehr weiter nutzen zu wollen. Präsidiumsmitglied Thorsten Braun erklärt dazu auf Anfrage, dass bei einer weiteren Nutzung auf den Traditionsverein enorme Kosten zugekommen wären. „Die Flutlichtanlage ist marode und hätte dringend erneuert werden müssen. Die Leistung der Lampen ist ohnehin nur von minderer Qualität gewesen. Gerade in der dunkleren Jahreszeit sei für die Trainingseinheiten künstliches Licht unabdingbar. Die Erneuerung hätte aber einen fünfstelligen Betrag bedingt, und das nicht im unteren Bereich“, so Braun. Auch für die Platzpflege hätte man Gelder aufbringen müssen. Man sei daher zum Handeln gezwungen gewesen. Die Investition, um den Platz weiter nutzen zu können, sei aber mittelfristig mit zu hohen Risiken verbunden gewesen, da mit dem Eigentümer nur ein „General Agreement“ über die Nutzung bestanden hätte, aber keine vertragliche Vereinbarung. „Das war für uns im Vorstand letztlich ein zu hohes Risiko. Wir mussten damit rechnen, dass wir vielleicht in einigen Jahren die Anlage wieder hätten abbauen müssen, wenn der Eigentümer das Gelände dann hätte verkaufen wollen. Dann wäre die Investition verpufft. Das konnten und wollten wir unseren Mitgliedern nicht zumuten. Wir hätten eine längere Planungssicherheit gebraucht“, betont Braun. Die Verantwortlichen hätten lange überlegt und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, sich aber dann doch für diese Lösung entschieden. Die Blau-Weiß-Fußballer hatten in jüngster Vergangenheit schon erhebliche Summen investiert, zum Beispiel in den kompletten Neuaufbau des Rasens auf dem Hauptplatz etwas oberhalb des alten Fußballplatzes.

Für den Spielbetrieb der jüngeren Nachwuchsmannschaften habe man mit dem SV Eichelsachsen eine Kooperation getroffen, den dortigen, wenig frequentierten Platz zu nutzen. Der Trainingsbetrieb für die älteren Teams werde zukünftig ganzjährig auf den Hauptplatz stattfinden. Auf dem alten Platz auf dem Bockzahl sind die Tore und die alte Flutlichtanlage inzwischen abgebaut, nichts erinnert mehr daran, dass hier früher dem runden Leder nachgejagt wurde.

Wenn nach der Abwicklung der baugesetzgeberischen Voraussetzungen wie der Änderung des Bebauungsplanes und des Flächennutzungsplanes in absehbarer Zeit die großen Maschinen anrücken, um mit dem Bau einer Kita zu beginnen – sollten die Parlamentarier das Vorhaben absegnen –, hat das auch noch weitere Konsequenzen. Viele Jahre organisierten die Blau-Weißen während des Schottenring-Classic-Grand-Prix des MSC ein Moto-Camp auf dem Gelände des alten Sportplatzes, dem vorgelagerten kleinen Parkplatz des Hauptplatzes und in den dortigen Randbereichen. Während der Rennwochenenden Mitte August entstand hier regelmäßig ein großes Zeltdorf. Das Moto-Camp war unter den Motorsportfans aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland beliebt. Man freute sich auf das jährliche Treffen. „Da sind jahrzehntelange Beziehungen und auch Freundschaften entstanden im Verlauf der langen Zeit“, sagt Thorsten Braun. „Aber ohne eine neue Flutlichtanlage hätten wir das Camp nicht weiter betreiben können.“

Die früheren Besucher des Camps wurden inzwischen über die neue Situation informiert. „Es hat viele traurige Reaktionen und Bedauern gegeben, aber andererseits auch großes Verständnis für unsere Entscheidung“, berichtet der Präsidiale. Eine Verlegung des Moto-Camps auf den Hauptplatz sei nicht möglich. „Der Grand-Prix fällt mit dem Beginn der Fußball-Saison zusammen. Und ein Zeltwochenende hinterlässt Spuren auf einem Rasen, auch wenn die Camper sich noch so rücksichtsvoll verhalten. Das wäre daher nicht machbar gewesen“, betont Braun.

Mit Bedauern hat auch der MSC-Vorsitzende Wolfgang Wagner-Sachs die neue Situation zur Kenntnis genommen. „Wir werden jetzt eine Alternative suchen müssen“, betont der Funktionär. Der MSC habe in den Blau-Weiß-Fußballern in den zurückliegenden Jahren einen starken Partner gehabt. Die Teilnehmer des Moto-Camps erhielten nicht nur die Möglichkeit, ihre Zelte aufzuschlagen, sondern konnten auch eine „Vollverpflegung“ buchen, die ein großes Helferteam der Fußballer organisierte. Auch für die abendliche Unterhaltung im eigens aufgestellten Festzelt wurde gesorgt.

Der alte Fußballplatz auf dem Bockzahl hatte noch eine weitere Funktion. Bei Rettungseinsätzen war er Landeplatz für Hubschrauber, die dort Verletzte oder dringender medizinischer Hilfe benötigende Personen aufnehmen und in eine Klinik weiterfliegen konnten. Bei nächtlichen Einsätzen konnte bei Flutlicht die Arbeit der Rettungskräfte erleichtert werden. Dies wird nicht mehr möglich sein. Eine Alternative ist aber bereits gefunden. „Die Rettungshubschrauber können zukünftig auf dem Hauptplatz landen. Den stellen wir natürlich zur Verfügung“, sagt Thorsten Braun.

Quelle: Kreis-Anzeiger vom 28.08.2021 Bericht von Stefan Weil